Karin Bucha ist eine der erfolgreichsten Volksschriftstellerinnen und hat sich mit ihren ergreifenden Schicksalsromanen in die Herzen von Millionen LeserInnen geschrieben. Dabei stand für diese großartige Schriftstellerin die Sehnsucht nach einer heilen Welt, nach Fürsorge, Kinderglück und Mutterliebe stets im Mittelpunkt.
Das Schloß — auf dessen östlichem Turm die Flagge der Hochbergs und Friedbergs lustig flattert, zum Zeichen, daß der Herr und Besitzer des Schlosses nach langjähriger Abwesenheit wieder heimgekehrt ist — erstrahlt in festlichem Lichterglanz. Es ist eine berauschende, warme Sommernacht und der Himmel wölbt sich wie eine samtene Decke, bestickt mit unzähligen Diamanten. Der Mond wirft sein silbernes Licht in die liebliche Landschaft. Aber das alles verblaßt gegen die Lichterfülle, die sich aus den Sälen, deren weit geöffnete Türen auf die Terrasse führen, ergießt. Die Wege im Park sind mit Tausenden bunter Lampen geschmückt und die unzähligen, eigens für die Gemütlichkeit hergerichteten Rosenlauben sind mit bunten Lampions bekränzt und werfen ihr warmes Licht auf die zierlich gedeckten Tische. Es ist nach der Abendtafel. Die Gäste haben sich vor der Hitze des Speisesaales hinaus in die milde Abendluft geflüchtet. Eine auserlesene Gesellschaft belebt Gänge und Wege des gepflegten und weit berühmten Hochberger Parkes, der sonst auch der Öffentlichkeit zugängig ist. Schöne Frauen, bedeutende Männer beherbergt heute Schloß Hochberg. Die Luft ist erfüllt mit warmem, perlendem Frauenlachen. Kostbare Kleider werden mit Charme und Anmut über Rasen und Wege getragen. An weißen makellosen Nacken funkeln blitzende Diamanten, und die Herren im dunklen Frack bilden einen vornehmen Rahmen zu der Farbenpracht der Frauengewänder. Diener eilen geschäftig mit ihren Erfrischungen hin und her, und die Stimmung ist heiter und froh. — Man will sich nur ein wenig Bewegung verschaffen, um sich dann mit voller Lebenslust in den Strudel des Tanzes zu werfen, wozu der Hausmeister Sachs die letzten Anweisungen gibt. Das Fest — ein Mitternachtsball, wie Graf Jörg von Hochberg und Friedberg verkündet hat — steht ganz im Zeichen der Rose. Rosen haben in verschwenderischer Fülle die Abendtafel geschmückt. Rosen duften von den Beeten im Park und rosenübersät sind die Lauben und die Bögen, die sich über die Wege spannen. Rosen tragen die Damen an der Brust oder im Haar und die Herren am Frack. “Baronin”, Graf Jörg Hochberg küßt seiner Tischdame, Freifrau von Austen, galant die Hand und übergibt sie der Fürsorge des Gatten.